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Gezielte Sachbeschädigung: Eine perfide Sabotage-Methode sorgt in einigen Städten für Schlagzeilen: Unbekannte setzen Sekundenkleber in Türschlösser von Mehrfamilienhäusern ein und machen sie dadurch unbrauchbar. In Bremen wurden seit Ende 2022 bereits mehrere Dutzend Fälle von verklebten Haustür-Schlössern gemeldet, besonders im “Viertel”, aber auch in anderen Stadtteilen. Die Täter verstopfen den Schließzylinder mit Klebstoff, sodass der Schlüssel nicht mehr gedreht werden kann – die Türen lassen sich dann weder richtig öffnen noch abschließen. Die Polizei vermutet jugendliche Vandalen oder einen üblen Streich als Hintergrund; einen direkten Nutzen (etwa Einbruchdiebstahl) sehen die Ermittler bisher nicht.
Dennoch sind die Folgen ernst: Bewohner stehen vor verschlossenen Türen, Haustüren bleiben nachts offen stehen und im Notfall sind Fluchtwege blockiert. Ein sabotiertes Türschloss kann somit nicht nur Sachschäden verursachen, sondern auch zur Gefahr für die Bewohner werden.
Wird ein Schloss mit Sekundenkleber sabotiert, ist der Schließzylinder meistens irreparabel beschädigt. Weder Lösungsmittel noch heißes Wasser helfen in der Regel – der ausgehärtete Klebstoff lässt sich praktisch nicht entfernen. In den meisten Fällen muss der gesamte Schließzylinder ausgetauscht werden. Bei hochwertigen Schlössern kann eventuell eine professionelle Reinigung erfolgreich sein, aber günstige Zylinder müssen fast immer ersetzt werden. Für Mieter oder Eigentümer bedeutet dies oft mehrere hundert Euro Schaden pro Schloss. Der finanzielle Verlust summiert sich schnell: In einem bekannten Berliner Fall musste ein Hausmeister innerhalb eines Jahres 36 verklebte Türzylinder austauschen – eine enorme Belastung.
Neben den Kosten entsteht auch Gefahr im Verzug: Ist z. B. die Haustür eines Mehrparteienhauses verklebt und bleibt sie über Nacht offen, steigt das Einbruchsrisiko erheblich. Ist sie hingegen verklebt und verschlossen, können Bewohner im Brandfall womöglich nicht schnell genug ins Freie gelangen. Mit anderen Worten: Eine zugeklebte Haustür kann einerseits Einbrechern Tür und Tor öffnen, andererseits aber auch die Bewohner im Ernstfall einschließen.
Das Verkleben von Schlössern erfüllt den Straftatbestand der Sachbeschädigung. Laut Polizei handelt es sich eindeutig um eine Straftat, die mit Geldstrafe oder bis zu 2 Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Wird ein Täter gefasst, muss er zudem zivilrechtlich für sämtliche Reparatur- und Austauschkosten aufkommen. In Bremen hat die Polizei ihre Präsenz in betroffenen Vierteln bereits erhöht und bittet die Bevölkerung um Mithilfe – schon kleinste Beobachtungen (Personen, die sich verdächtig an Türschlössern zu schaffen machen) sollen sofort über 110 gemeldet werden. Bislang sind die Saboteure jedoch flüchtig; ein sichergestelltes Überwachungsvideo zeigte lediglich einen älteren Mann, der in Bremen Klebstoff in ein Ladenschloss füllte. Generell tappt man noch im Dunkeln über Motiv und Täterzahl.
Die Polizei betont, dass eine aufmerksame Nachbarschaft die beste Prävention ist. Bewohner sollten einander informieren, wenn derartige Vorfälle passieren, und Unbekannte, die sich an Schlössern zu schaffen machen, sofort der Polizei melden. Gemeinschaftliches Vorgehen und offene Kommunikation im Haus können helfen, Sabotage frühzeitig zu erkennen und im besten Fall zu verhindern.
Ein Zylinderschutzbeschlag (Sicherheitsrosette) kann das Einführen von Klebstoff erschweren. Diese spezielle Beschlagrosette deckt den Schließzylinder (Visierbeschlag)außen ab und lässt nur den passenden Schlüssel hinein. Dadurch wird es für Täter deutlich schwieriger, Kleber in das Schloss zu füllen. Fachleute empfehlen solche Schutzbeschläge insbesondere bei exponierten Außentüren im Erdgeschoss.
In Mehrfamilienhäusern kann es sinnvoll sein, einen Ersatzzylinder bereitzuhalten. Falls nachts ein Schloss verklebt wird, kann man so zumindest provisorisch ein anderes Schloss einbauen, bis ein neues beschafft ist. Auf diese Weise bleibt das Gebäude nicht lange ungesichert oder unbenutzbar.
Achtung: Zylinder umdrehen als Notlösung? Oft wird empfohlen, einen Doppelzylinder auszubauen und umzudrehen, sodass die verklebte Seite nach innen zeigt und man mit der intakten Außenseite die Tür wieder aufsperren kann. Diese Methode funktioniert jedoch nur in sehr seltenen Fällen – meist bei älteren Haustüren – und Experten raten dringend davon ab.
Zum einen ist ungewiss, ob ein moderner Schließzylinder nach einer Sabotage überhaupt noch gedreht werden kann; zum anderen entsteht ein erhebliches Sicherheitsrisiko: Sollte nach dem Umdrehen jemand die Tür von außen abschließen, befindet sich die verklebte Seite nun innen. Im Ernstfall könnten die Bewohner dann die Haustür nicht mehr öffnen, etwa wenn ein Feuer ausbricht. Der potenzielle Fluchtweg wäre blockiert (siehe auch unseren Beitrag „Flucht- und Paniktüren: Unterschiede und Anforderungen“, in dem wir die Bedeutung freier Notausgänge erläutern). Diese Notlösung sollte daher wirklich nur im absoluten Ausnahmefall angewendet werden – und dann umgehend durch den Austausch des Zylinders behoben werden. Statt auf riskante Tricks zu setzen, ist es immer besser, direkt einen Fachmann zu rufen und das Schloss professionell ersetzen zu lassen.
Einige Hausgemeinschaften und Eigentümer haben als Reaktion Überwachungskameras bzw. smarte Türklingel-Kameras im Eingangsbereich installiert, um mögliche Sabotageakte aufzuzeichnen. Abschreckung ist ein wichtiger Faktor: Täter meiden eher gut beleuchtete und videoüberwachte Eingänge. Schon eine helle Beleuchtung mit Bewegungsmelder an der Haustür kann vandalismushemmend wirken. Wichtig ist jedoch, datenschutzkonforme Kamera-Lösungen zu wählen und – falls Überwachung erfolgt – per Aushang darauf hinzuweisen.
Eine alternative Strategie ist der Einsatz moderner Türschlösser. Digitale oder smarte Schließsysteme besitzen oft keine von außen zugängliche Schlüsselöffnung, wodurch Klebstoff-Attacken ins Leere laufen. Zum Beispiel lassen sich elektronische Türschlösser per Code, Fingerabdruck oder Smartphone öffnen – ohne klassisches Schlüsselloch. Für Vandalen gibt es hier kaum noch eine Angriffsfläche, da der Zugang zum Mechanismus elektronisch gesichert ist. (In unserem Beitrag „Smarte Türschlösser – High-Tech an der Haustür im Praxis-Check“ zeigen wir ausführlich die Vor- und Nachteile solcher Smart Locks.)
Allerdings sollte auch bei Smart Locks eine Notfall-Entriegelung vorhanden sein, falls die Elektronik einmal versagt oder der Strom ausfällt.
Innenseitig immer eine Öffnungsmöglichkeit sicherstellen: Unabhängig vom Schloss-System gilt, dass von innen die Tür im Notfall jederzeit geöffnet werden können muss. Ein fest verbauter Drehknauf an der Türinnenseite (statt eines Schlüssels) oder spezielle Panikschlösser sorgen dafür, dass die Haustür bei Gefahr schnell entriegelt werden kann – selbst wenn sie von außen abgeschlossen oder der Zylinder beschädigt wurde. Hauseigentümer und Verwaltungen sollten prüfen, ob ihre Haustüren den aktuellen Sicherheitsstandards entsprechen, und gegebenenfalls nachrüsten. So stellt man sicher, dass ein sabotiertes Schloss nicht zur tödlichen Falle wird.
Während Bremen 2022/2023 ein Hotspot dieser Klebe-Attacken war, meldeten andere norddeutsche Städte zum Glück nur Einzelfälle. In Bremerhaven, Delmenhorst und Oldenburg war 2023 kein Thema mit Serien von Klebeschäden bekannt. Hannover und Hamburg verzeichneten ebenfalls nur wenige vereinzelte Vorfälle ohne auffällige Häufung. Das Phänomen scheint also regional begrenzt – möglicherweise sind es Trittbrettfahrer oder ein lokaler „Trend“.
Allerdings gab es auch in Berlin und München Berichte über verklebte Schlösser, meist im Zusammenhang mit Nachbarschaftsstreitigkeiten oder Vandalismus nach Kündigungen. Insgesamt bleibt festzuhalten: Sekundenkleber im Schloss ist kein massenhaftes Delikt, aber dort, wo es auftritt, verursacht es erheblichen Schaden und Verunsicherung bei den Betroffenen.
In unserem Artikel „Türsicherheit: Der Schlüssel zu einem sicheren Zuhause“ erläutern wir verschiedene Methoden, Türen vor äußeren Eingriffen zu schützen – von modernen Schließzylindern über Panzerriegel bis zu Sicherheitsbeschlägen. Einige dieser Maßnahmen (z. B. Schutzbeschläge) helfen auch gegen Sabotage mit Kleber, indem sie das Schloss besser abschirmen und Einwirkungen von außen vorbeugen.